Skip to main content

Walpersdorf, wo die Meiler noch rauchen

Der Name Walpersdorf wurde erstmals 1344 urkundlich erwähnt. Aber bereits 500 Jahre früher hat es in der Gemarkung schon Köhler- und Waldschmiedesiedlungen gegeben. Durch Bodenfunde, Schlackenhalden, Flurnamen und anderen Ursachen müssen hier schon im neunten Jahrhundert Menschen gehaust haben. Die Fundorte lagen besonders an den Bächen Sinnerbach, Michelbach und Kütschenlangenbach, die alle in die Sieg münden, da an den Gewässern die Wirtschaftlichkeit durch die Wasserkraft am größten war. Früher gab es zwei Ortskerne und zwar Ober- und Unterwalpersdorf. Walpersdorf hat eine Fläche von 9,2 Quadratkilometer und liegt im Siegerland im Südteil des Rothaargebirges, im April 2023 hatte Walpersdorf 406 Einwohner und ist der östlichste Ort im Siegtal. In jeweils drei km. Entfernung entspringen Sieg, Lahn und Eder.

Blick auf Walpersdorf in der Stadt Netphen (Bild von Panasonic)
Blick auf Walpersdorf in der Stadt Netphen (Bild von Panasonic)

Walpersdorf ist die erste Gemeinde, den die Sieg durchfließt. Die Sieg hat dem Ort zum großen Teil die Struktur gegeben. Walpersdorf ist der einzige Ort im Siegerland, in dem noch erwerbsmäßig nach Jahrhunderter alter Tradition jedes Jahr Holzkohle in Meilern gebrannt wird. Verkohlt wird Eichen-, Birken- und Buchenholz. Aus 4 t Holz wird etwa 1 t Holzkohle hergestellt. Nach Hainchen ist Walpersdorf die zweite Gemeinde der Stadt Netphen, die immerhin aus 21 Ortschaften besteht, und ein eigenes Wappen erhielt. Das Wappen zeigt rechts einen Kohlenmeiler und links einen Eisenschmelzofen jeweils in halbierter Form, zur Erinnerung an die einstigen Tätigkeiten vom Köhler und Waldschmied. In der Mitte des Wappens ist der heilige Sebastian zu sehen. Der heilige Sebastian ist der Schutzpatron von Walpersdorf aber besonders der katholischen Pfarrgemeinde und ihrer hochstehenden Kirche. Um 1625 wütete die Pest im Siegerland. 882 Personen sollen an dieser Epidemie in der Pfarrei Netphen gestorben sein. Nach dieser Zeit soll der heilige Sebastian Schutzpatron von Walpersdorf geworden sein.

Die Merzbecherwiese in Walpersdorf (Bild von Holger Klaes)
Die Merzbecherwiese in Walpersdorf (Bild von Holger Klaes)

1643 wurde in einem Güterverzeichnis erwähnt, dass jeder zweite Hausbesitzer den Köhlerberuf ausübte. In einem Verzeichnis von 1540 vermerkt Pfarrer Lamp Netphen, dass aus jedem Haus der 11 Kapellenorte in Netphen jedes Jahr eine Meste Hafer und ein Hahn an ihn zu liefern seien. Von jeder Kapelle bezieht er je einen Gulden. Nachdem die Einwohnerzahl, die ursprünglich aus Waldschmiede- und Köhlersiedlungen hervor gegangen war zugenommen hatte, wurde das Bedürfnis für seelsorgerische Betreuung im Ort immer größer. Die erste Kapelle von Walpersdorf, so der Volksmund, soll auf dem Johanneswieschen genannten Flurstuck zwischen Sieg und Sinnerbach in Niederwalpersdorf, auf einer hochwasserfreien Terrasse gestanden haben. Es soll ein einfacher Rundholzbau gewesen sein. Das erste Einwohnerverzeichnis stammt aus dem Jahr 1461, wobei Walpersdorf 21 namentliche Steuerzahler hatte, was quasi die Haushaltsvorstände waren. Hieraus kann man die Einwohnerzahl auf 80 bis 100 Personen schätzen.

Haubergslandschaft in Walpersdorf (Bild von Holger Klaes)
Haubergslandschaft in Walpersdorf (Bild von Holger Klaes)

Die 1540 erste erwähnte Kapelle soll bis etwa 1750 gottesdienstlichen Zecken gedient haben. Auf Anordnung der Landesregierung wird sie nach 1743 als Kapellenschule erneuert worden sein und wie in den meisten Siegerländer Orten, ihren Zweck erfüllt haben. In vielen Siegerländer Gemeinden war es ab dieser Zeit üblich, dass Schule und Kirche unter einem Dach waren. Die alte Schule war 1784 nicht nur Feuer gefährdet, sondern auch sehr feucht. Sie lag zu tief in der Erde und war deshalb sehr ungesund für die Schuljugend. Bereits 1787 ist die Schule ausgebessert worden. Die Reparaturkosten betrugen seinerzeit 140 Reichstaler.

Walpersdorfer-heimatverein baut einen Stollen für Fledermäuse
Walpersdorfer-heimatverein baut einen Stollen für Fledermäuse

In den Hungerjahren 1817/18 wurde auf Anordnung der Landesregierung eine neue Kapelle gebaut. Sie entstand auf den Ausläufern des Bubel-Berges neben der zur Siegquelle führenden Landstraße. Es war das 3. Gotteshaus und kostete 1986 Reichstaler. Die Gemeinde musste für alle Nebenkosten aufkommen, so auch für die Beköstigung der Bauhandwerker. Die Gemeinde erhielt 1500 Florin als Darlehn was ab 1819 in jährlichen Raten von 187 Florin zurück zu zahlen war. Die Einweihung des Gotteshauses fand am 8. Juli 1823 statt. Im Jahr 1846 wurden wieder Reparaturarbeiten an der 1817/18 erbauten Kapelle durchgeführt. Der preußische König gab dazu ein Gnadengeschenk von 200 Talern. Für das verfallene Fachwerk mussten neue Seitenmauern errichtet werden. Etwa um 1800 bekam Walpersdorf den ersten Lehrer mit Namen Schmidt. Walpersdorf erhielt 1860 den ersten Vikar mit Namen Heinrich Graß, nachdem der Netpher Pfarrer Anton Vogel die Genehmigungen beim Erzbischof in Paderborn und der zuständigen Behörde eingeholt hatte.

Munition für einen Meiler, 50 bis 55 Raummeter Holz (Bild von Stefanie Reifenrath)
Munition für einen Meiler, 50 bis 55 Raummeter Holz (Bild von Stefanie Reifenrath)

Von 1579 bis 1626 war die Kapelle evangelisch - reformiert. Denn der damalige Landesherr Graf Johann der VI. von Nassau hatte diesen Glauben. Die Bevölkerung musste damals den Glauben ihres Landesherrn annehmen. Im Dreißigjährigen Krieg gab es im Netpherland wegen der Religionsausübung erhebliche Schwierigkeiten. Verschiedene Vereinbarungen wurden getroffen. So wurde unter anderem die Walpersdorfer - und die Nenkersdorfer Kapelle Simultan. Das heißt, dass die Protestanten und die Katholiken die Kapellen gemeinsam nutzen konnten. Das jetzige Gotteshaus ist die vierte Kapelle die in Walpersdorf gebaut wurde. Ihre feierliche Weihe fand am 5. November 1933 statt. Aber erst 25 Jahre später erhielt sie einen 22 Meter hoch aufragenden Turm.

Holzkohlenmeiler im Aufbau (Bild von Holger Klaes)
Holzkohlenmeiler im Aufbau (Bild von Holger Klaes)

Am 10. April 1960 fand man in der Nähe von Walpersdorf jungsteinzeitliche Arbeitsgeräte. Diese Geräte haben bestimmt Jäger verloren, denn die Zeit war sehr lange vor Christi Geburt. Walpersdorf war viele Jahrhundert selbstständige Gemeinde. Im Jahre 1843 wurde das Amt Netphen ins Leben gerufen und Walpersdorf gehörte dazu. Ab 1. Januar 1969 ist es ein Ortsteil der Großgemeinde Netphen und seit 2000 ein Stadtteil. Am 19. Februar 2002 brannte die St. Sebastian Kirche nach einem Blitzschlag innen aus. Sehenswert ist in Walperdorf neben den Kohlenmeilern auch die unter Naturschutz stehende Märzbecherwiese.

Der Kohlenmeiler in Aktion (Bild vom Touristikverband Si - Wi)
Der Kohlenmeiler in Aktion (Bild vom Touristikverband Si - Wi)

Literaturnachweis:
Band des Siegener Urkundenbuches
Kohlenmeiler Walpersdorf
Zur Geschichte des Ortes Walpersdorf
Das katholische Siegerland
Wikipedia Walpersdorf (Netphen)

Druckversion (nur Text) als pdf-Datei zum Herunterladen